Aurobindo Ghose (* 15. August 1872 in Kalkutta; † 5. Dezember 1950 in Pondycherry) war ein indischer Politiker, Philosoph, Hindu-Mystiker, Yogi und Guru.

Aurobindos Lehre geht – nach seiner eigenen Aussage – über das Wissen der Vergangenheit hinaus. In seinen Anfängen war Aurobindo vor allem durch die Bhagavad Gita beeinflusst. Zu einem späteren Zeitpunkt analysierte und kommentierte er die Bhagavadgita, die Upanishaden und den Veda.

So sehr er auch die spirituelle Vergangenheit von Indien schätzte, erkannte er doch, dass spirituelles Wissen niemals für alle Zeiten festgelegt sein kann. Die geistige Entwicklung der Menschheit sah er als einen fortdauernden Prozess an. Er begründet diesen Anspruch mit der Bemerkung, dass die Entdeckung der Wahrheit ein unendlicher Vorgang sei, der es notwendig mache, dass Personen zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Erkenntnisse haben.

Sri Aurobindo verstand es als seine Aufgabe, der Menschheit einen neuen Weg aufzuzeigen, der bis dahin blockiert war. Ziel seiner eigenen Entwicklung war es, das Supramentale Bewusstsein für den Menschen erreichbar zu machen (siehe: Bewusstseinsebenen).

Er selbst sagte, dass er das Wesentliche der alten Yoga-Wege in seine Lehre aufgenommen habe, sein Standpunkt, seine Ziele und die Ganzheit seiner Methode aber neu seien.

Christliche Gottesvorstellungen nehmen in der Lehre Aurobindos nur einen geringen Platz ein.
Er selbst bezeichnet seine Lehre als reinen Monismus.

Die Realität der phänomenalen Welt

Die phänomenale Welt, die der Mensch täglich erlebt, sei eine Selbstmanifestation des Ewigen; sie sei nicht so sehr Maya, eine Scheinwelt oder ein Trugbild, dem der Mensch in ein Nirvana entfliehen müsse, sondern sie sei real, wiewohl sie jedoch nicht die gesamte Realität umfasse. Das göttliche Wesen wohne im tiefsten Wesen des Menschen. Das Verhältnis von Absolutem und Relativem wird also nicht als Gegensatz angesehen, sondern als Identität in der Verschiedenheit. Die Antwort auf die Frage, weshalb das Eine die Vielheit wurde, warum das in Brahman integrierte Universum transformiert wurde, sucht auch Aurobindo im Göttlichen Spiel, das auch als lila bezeichnet wird. Desintegration und Umwandlung sieht er als den notwendigen Ausdruck von Brahmans wesentlicher Macht.

Ziele

Das Ziel des integralen Yoga ist eine schrittweise Vereinigung mit dem Göttlichen und, verbunden damit, dessen wachsende Offenbarung in allen Bereichen des menschlichen Lebens.

"In die Wahrheit und die Macht des Geistes hineinzuwachsen und durch das direkte Handeln jener Macht ein rechtes Strombett zu werden, durch das jener sich selbst ausdrücken kann, ein Leben des Menschen in Gott und ein göttliches Leben des Geistes in der Menschheit, - das ist darum das Prinzip und das ganze Ziel eines integralen Yoga der Selbstvollendung."

Laut Aurobindo genügt es nicht, wenn die Seele aufsteigt und sich mit dem Göttlichen vereint, oder der Geist im Nirvana aufgeht. Ein Aufstieg zum Göttlichen allein kann nicht das Ziel sein; eine Herabkunft des Göttlichen in die Welt muss folgen. Damit aber die Welt transformiert werden könne, dürfen keine Stufen des Weges übersprungen werden. Nur wer die Stufen der gesamten Leiter gehe, also alle Persönlichkeitsanteile bewusst dem Göttlichen zuwende, könne auch wieder den Weg zurückkehren und das Göttliche in die Welt bringen.

Eine wesentliche Rolle bei der Erlangung dieses Ziels spielt das "psychische Wesen", der Funken des Göttlichen im Menschen, die individuelle Seele, die seine Evolution von Leben zu Leben unterstützt.[

Der integrale Yoga ist die praktische Anwendung von Aurobindos Philosophie. Es handelt sich jedoch nicht um eine Form des Yoga mit fest definierten Übungen wie z.B im Hatha Yoga. Wesentlicher als Asanas ist nach Aurobindo die vollkommene Hingabe, in der der Übende oder Sadhak alle seine Handlungen, Worte und Gedanken dem Göttlichen widmet. Dieser Yoga heißt integral, weil die traditionellen Disziplinen Jnana Yoga, Karma Yoga und Bhakti Yoga miteinander verknüpft werden. Integral sei er aber auch deshalb, weil er die Welt nicht ablehnt oder überwinden will, sondern sie mit dem Göttlichen zu durchdringen sucht. Dazu müssen alle Wesensteile des Menschen umgewandelt und von der göttlichen Shakti erfüllt werden.

  • Bei den folgenden Wesensteilen wird jeweils ein äußerer und ein innerer, eigentlicher Bereich unterschieden, der hinter dem äußeren und diesem zugrunde liegt: Physis, Vitale Ebene (Emotional), Mentale Ebene. Über und hinter diesen Ebenen steht nach Aurobindo das "Zentrale Wesen", der Antaratman. In seinem Aspekt als ewiges Selbst, über den drei Ebenen stehend, wird er Jivatman genannt. Hinter Mental, Emotional und Körper stehend und deren Evolution fördernd, wird er als psychisches Wesen bezeichnet.
  • Die dreifache Anstrengung zur Transformation des Menschen äußert sich in:
    • Streben nach dem Göttlichen ohne Vorbedingungen,
    • Zurückweisung von Ideen, Vorlieben usw.,
    • Hingabe an das Göttliche. Letztlich kann nur das Göttliche selbst diese Umwandlung bewirken, was ein Zurücktreten des Individuums voraussetzt.
  • Die dreifache Wandlung ist:
    • die psychische Transformation,
    • die spirituelle Transformation,
    • die supramentale Transformation. Nur mit letzterer könne die vollständige Transformation von Körper, Leben und Geist beginnen.

Die Bewusstseinsebenen: in Aurobindos Stufenmodell gibt es unterhalb des Supramentals noch verschiedene geistige Ebenen:

  • das normale Mental,
  • das höhere Mental,
  • das erleuchtete Mental,
  • das intuitive Mental
  • das Übermental (Overmind)
  • das Supramental, das alles in einer einzigen Vision und zugleich den Blickwinkel jeder einzelnen Sache sieht; auf diese Weise soll es das Göttliche auf neue Art mit seiner Schöpfung verbinden.

Chakren oder Zentren: die zentralen Begriffe in Aurobindos yogischer Psychologie lassen sich zum traditionellen Chakra-System des Tantra in Beziehung setzen. Aurobindos Yoga unterscheidet sich jedoch dadurch, dass sein Weg - etwas verallgemeinert - von oben nach unten die Chakren langsam entwickelt, und nicht von unten nach oben wie im klassischen Kundalini-Yoga.

Die Psychische Transformation: nach Aurobindo steht die Seele (das Psychische Wesen) hinter der Persönlichkeit des Menschen. Sie ist der Träger von Körper, Emotionen und Mental. Es ist deshalb die Aufgabe des Sadhaks, die Kräfte des Körpers, des Emotionalen und Mentalen unter den seelischen Einfluss zu bringen und nach und nach sich immer mehr dem Psychischen Wesen (der Seele) zu überantworten, bis der Kontakt zum Göttlichen stabil ist und die Spirituelle Transformation beginnt.

Evolution des Bewusstseins 

Nach Aurobindo soll das jetzige mentale Bewusstsein der Menschheit nicht die letzte Stufe der Evolution sein. Ähnlich wie in der Vergangenheit über das emotionale Bewusstsein des Tieres hinaus das mentale Bewusstsein durch den Menschen in der Evolution auftauchte, soll in der Zukunft ein nunmehr das mentale Bewusstsein des Menschen überschreitendes, neues Bewusstsein möglich sein, das er als Wahrheitsbewusstsein oder Supramentales Bewusstsein bezeichnete. Er sah es als seine eigentliche Lebensaufgabe an, dieses Supramentale Bewusstsein zur Erde herabzubringen oder wenigsten für die Zukunft zu ermöglichen.

Das Supramental stellt laut Aurobindo einen Bereich zwischen der höheren Triade, Sat (Sein), Chit (Bewusstsein), Ananda (Seligkeit), die Kennzeichen des Brahman sind, und der niederen Triade, Mental (Geist), Vital (Leben, Emotionen) und Physis (Körper) dar.
Das Supramental soll alle Gegensätze in sich vereinen und ein inneres Wissen um alle Dinge besitzen. Aurobindo postuliert eine Supramentalisierung allen Lebens auf der Erde, die die nächste Stufe der Evolution darstelle. Das Supramental würde sich seine eigenen Instrumente im Menschen und auf der Welt schaffen, doch dafür sei ein Streben des Menschen zum Göttlichen hin notwendig. Die Konzeption eines geeigneten Instrumentes auf der Ebene des Menschen bezeichnete Aurobindo als Übermensch.

Sri Aurobindo

 

 

 

 

The Mother (Partnerin von Sri Aurobindo) im Sinne von Arbeitspartner (nicht Lebenspartner).

 

 

 

 

 

Integrales Yoga Symbol